Wenn einen Tod und Trauer zum ersten Mal mit voller Wucht treffen, weiß man nicht, wie man mit dieser Katastrophe umgehen soll. Kann man damit überhaupt umgehen?

Ja, man kann. Aber es gibt fast keine schlauen Anleitungen "Wie gehe ich mit Trauer um" und Ihr werdet in Eurer Umgebung auch niemanden finden, der Euch dazu aus eigener Erfahrung an die Hand nimmt.

 

Zuerst sprechen wir über den Umgang mit der eigenen Trauer .

Sich informieren und verstehen

Wann immer man im Leben mit einem neuen, belastenden, schwierigen Ereignis konfrontiert wird,

versucht man natürlich, sich dem Thema zu stellen und möglichst umfangreich zu informieren.

Um wieviel mehr muß das gelten, wenn man mit den hoch emotionalen ThemenTod und Trauer in Berührung kommt!  Also ist es nicht nur sinnvoll sondern auch unbedingt  notwendig, sich  mit den Erscheinungsformen eines Traumas, wie der Trauer zu beschäftigen (s. auch  unter WAHRHEITEN).

Man sollte versuchen, zu verstehen, was Trauer ist und wie sie abläuft.

Nur was man versteht, kann man beherrschen.

 

Wenige Trauernde wissen beispielsweise, daß Trauer sich in verschiedenen  "Stufen" äußert.

Sobald man das aber erkannt hat, bleibt man nicht länger der hilflose Spielball seiner Emotionen, sondern versteht, warum man gerade das fühlt, was man fühlt.  Die Trauer wird dadurch nicht kleiner, aber verständlicher, und beherrschbarer.

 

Eine der relativ wenigen Untersuchungen zum Thema Trauer hat ergeben, daß  3 Voraussetzungen helfen, sich nicht von der Trauer unterkriegen zu lassen: 

-  bestimmte Mindestintelligenz

-  möglichst  stabile Persönlichkeit

-  gutes soziales Netz

Darauf hätte man vermutlich auch ohne Studie kommen können, ich finde es trotzdem aufschlußreich.

Der Punkt mit der Mindestintelligenz ist genau so zu verstehen, wie oben ausgeführt:

je besser ich verstehe, wie sich Trauer äußert, desto besser kann ich mit ihr umgehen und ich

werde nicht zum ungebremsten Spielball meiner Emotionen! 

 

Wie auch immer: man muß man sich stets bewußt sein, daß jeder anders trauert!.

Und es ist besonders hilfreich aus den Erfahrungen anderer zu lernen, daher bitte auch nachlesen unter :

WEISHEITEN/Publikationen/Bücher.

 

Rituale  und Symbole

Eine der für mich hilfreichsten Erkenntnisse der Psychologie besagt:

Rituale und Symbole kanalisieren die Emotionen!

Also gilt umgekehrt: ohne ein gewisses Maß an Ritualen und Symbolen kann ich meine Emotionen nicht beherrschen. Rituale und Symbole helfen, den Schmerz auszudrücken und gleichzeitig in beherrschbare Bahnen zu lenken.

 

Rituale

Ausnahmslos alle Trauernden berichten, daß sie in der Trauer gewisse regelmäßige Rituale entwickeln.

Rituale sind wiederkehrende feierliche Handlungen, welche nach bestimmten Regeln ablaufen und einen Symbolgehalt beinhalten. Rituale vermitteln emotionalen Halt und Sicherheit und helfen dadurch bei der Bewältigung emotionaler Probleme.

 

Hier einige Beispiele für Trauerrituale:

Trauerfeier abhalten (wie gestaltet auch immer)

das Grab besuchen

einen eventuellen Unfallort besuchen

Kerzen anzünden

Blumen kaufen

mit dem Verstorbenen reden

Tagebuchschreiben

zu bestimmten Zeiten/ Jahrestagen besonders gedenken

gemeinsame Orte der Erinnerung besuchen.

 

Jeder muß für sich die richtigen Rituale finden.

Ich kenne jemanden, der seinen geliebten Bruder verloren hat. Er muß jede Woche am Friedhof vorbeifahren, fühlt sich aber nicht in der Lage, das Grab alleine zu besuchen. Das ist vollkommen in Ordnung. Andere suchen das Grab mehrfach pro Woche auf.

 

Ich kenne viele, die sehr intensiv mit ihren Toten reden, die dabei je nach Gefühlslage traurig sind

oder auch fröhlich, die ihnen von ihren alltäglichen Leben berichten , sie um Rat fragen.

Die manchmal auch sehr zornig mit ihnen sind, weil sie sich allein und zurück gelassen fühlen. 

Ich kenne Trauernde, die die Stätten der gemeinsamen Vergangenheit gerne und immer wieder aufsuchen, während andere diese meiden, so gut es geht. 

 Alle diese Rituale sind vollkommen in Ordnung, solange sie helfen, die Gefühle zu ordnen, zu lenken,

 

Symbole

Symbole helfen, Gefühlsregungen auszudrücken und Erinnerungen zu erhalten

Das Grab ist vermutliche das wichtigste Symbol für die Hinterbliebenen und ihre Trauer.

Es ist nicht nur der physische Ort, wo der Verstorbene beerdigt worden ist, es ist gleichzeitig das

Symbol seiner vergangenen Existenz, die Erinnerungsstätte, wo man ihm immer wieder begegnet,  
wo man seiner gedenkt.

In den Friedhöfen und den individuellen Grabgestaltungen spiegeln sich die unterschiedlichen Kulturen der Nationen und Völker wieder. In südlichen Nationen wie Italien, Spanien oder gar Südamerika findet man oft sehr aufwendige, emotional gestaltet Gräber. In Deutschland herrschen fast schon "nüchterne" Grabgestaltungen vor, was zum großen Teil sicher auch der Regelungswut deutscher Behörden geschuldet ist.  

 

Dies dürfte auch ein Grund dafür sein, daß in jüngster Zeit bei uns sich eine gewisse Tendenz weg von

der (christlichen) Grablegung hin zu naturnahen Bestattungen wie Grabwälder entwickelt. Tatsache ist, daß die Kommunen zunehmend über geringere "Einnahmen" aus Bestattungen klagen und nun auch eher geneigt sind, etwas individuellere Grabgestaltungen zu akzeptieren! 

 

Die meisten Kulturen dieser Welt haben das individuelle Grab als Symbol verwendet, es gibt aber Kulturen, welche ihre Toten generell verbrennen und die Asche verstreuen oder ins Meer oder einen

Fluss geben o.ä..

Diese  Art der Bestattung findet zunehmend auch bei uns statt. Natürlich bestimmt jeder selbst, ob er als letzte Ruhestätte ein Grab haben will oder ob seine Asche in den Wind gestreut werden soll. Er möge jedoch bedenken,  daß er im letzteren Fall seinen Hinterbliebenen einen Ort der Trauer vorenthält.

Einer meiner besten Freunde verfügte, seine Asche in die Nordsee zu verstreuen. Natürlich hat seine Familie dies respektiert, aber sie sind unglücklich, weil sie nun kein Grab als Ort und Symbol der Trauer haben. Auch ich als Freund vermisse das.

 

Es gibt viele weitere Symbole im Zusammenhang mit der Trauer

Grabbeigaben bei der Beerdigung sind ein weiteres Beispiel  oder Trauerkleidung , Bilder, Blumen ... 

 

 

DAS ENDE DER TRAUER ?

Wann endet Trauer?   Endet sie überhaupt?     

Im christlichen Europa war das klar geregelt durch das sogenannte Trauerjahr.

Im Trauerjahr hatte man gefälligst schwarz zu tragen als Zeichen der Trauer und wehe der Witwe,

die dieses Gebot verletzte!

Im 12-bändigen Lexikon "Der Große Herder", Herder Verlag, Freiburg von 1935, findet man unter

"Trauerjahr"  auf  Seite 1413 folgenden Eintrag:

"Trauerjahr, Witwenjahr:

die Frist innerhalb deren eine  Frau nach dem Tode ihres Mannes nicht wieder heiraten darf,

beträgt nach deutschem Recht 10 Monate. Befreiung von der Innehaltung dieser Frist kann auf Antrag behördlich bewilligt werden; sie tritt kraft Gesetzes ein, wenn die Frau inzwischen geboren hat

(BGB § 1313)" .

Gruselig, oder?  Wenn man das so liest, wird einem schlagartig wieder bewußt, daß die heutige Zeit

gar nicht so schlecht ist, wie wir manchmal geneigt sind zu glauben! 

 

Sicher ist es in diesem so emotionalen Bereich besser,  keine starren gesellschaftlichen Regeln und rechtlichen Gebote oder gar Verbote mehr zu haben wie früher zu haben und es statt dessen jedem

selbst zu überlassen, wie lange er trauert.

Der Nachteil fehlender Regeln aber ist natürlich Unsicherheit:

Wie lange kann man, soll man, ja sogar darf man angemessen trauern?

Trauer ist sehr belastend und kann auch extrem lange anhalten. Viele Trauernde sagen klar, dass sie

kein Ende absehen können - auch wenn sich die Emotionen im Laufe der Zeit verändern mögen.  

Da erhebt sich dann natürlich die Frage, ob man diesen Emotionen lebenslang und schutzlos aus-geliefert sein muß.

 

Ich empfehle zu diesem Thema sehr das Buch:

"Überleben oder Scheitern- Die Kunst in Krisen zu bestehen und daran zu wachsen"

(s. dazu auch unter WEISHEITEN).

Der Autor Georg Pieper schreibt:

"Mich haben (immer schon) besonders die Fragen interessiert, wie Menschen es schaffen, aus der Phase des Leidens herauszukommen, ein Trauma zu überwinden. Und warum manchen dies besser zu gelingen scheint als anderen.

Hier musste ein wichtiger Schlüssel zu den Überlebenskräften des Menschen liegen.

Heute gibt es einen Begriff, unter dem diese Überlegungen zusammengefasst werden: Resilienz".

Resilienz ist die Fähigkeit, mit belastenden Ereignissen erfolgreich umzugehen und sie letztendlich zu überwinden.

"...wenn wir bereit sind, das Leben mit all seinen Unwägbarkeiten und Risiken zu akzeptieren,  Krisen als Teil dieses Lebens anzunehmen, können wir gestärkt daraus hervorgehen".

 

Der Mensch ist also in der Lage, auch nach hoch traumatischen Schicksalsschlägen Stärken und Fähigkeiten zur Bewältigung und Überwindung zu entwickeln.  Die Trauer mag nicht enden,

niemals enden. Aber man kann lernen, damit umzugehen und man kann sogar daran wachsen!

  

                                                 Die Antwort also, auf die große Frage, wann Trauer endet, muß sein:

                                                                        dies kann jeder nur für sich alleine entscheiden !